Ich dachte, ich hätte das Leben im Griff – Geld, Komfort, keine harte Arbeit. Dann brach mein Vater zusammen. Eben lag ich noch in meinem warmen Bett, und im nächsten Moment war ich in den Bergen gestrandet und wurde wie ein verlorenes Paket abgeladen. Kein Telefonsignal. Kein Ausweg.
Ich schlief wie ein Stein, eingewickelt in meine warmen Decken, verloren in einem Traum, an den ich mich nicht erinnern konnte, als plötzlich – wusch die Vorhänge aufflogen.
Ein scharfes Kreischen von Metall an der Stange, und dann – BAM!
Das Sonnenlicht drang wie ein Scheinwerfer in den Raum ein und blendete mich. Es brannte durch meine Augenlider und riss mich direkt aus dem Schlaf.
"Was zum…?" Ich stöhnte und griff nach meinem Kissen, um mein Gesicht zu bedecken.
"Steh auf", dröhnte die Stimme meines Vaters voller Enttäuschung durch den Raum.
Ich riss ein Auge auf und konnte seine Silhouette in der grellen Sonne kaum erkennen. Seine Arme waren verschränkt, seine Haltung war fest.
Ich stöhnte erneut auf und rieb mir die Augen. "Was zum Teufel, Dad?"
"Du schläfst wie ein König", schnauzte er.
"Als ich in deinem Alter war, habe ich mir den Arsch aufgerissen und Tag und Nacht gearbeitet. Du denkst, das Leben ist ein Witz, nicht wahr?"
Ich blinzelte heftig und zwang mich, mich aufzurichten. Die Vorträge meines Vaters kamen immer in voller Lautstärke, sogar am Morgen.
"Du wirst von Jobs gefeuert, die ich dir ", fuhr er fort und seine Stimme wurde schärfer. "Du läufst herum, als ob die Welt dir etwas schuldig wäre. Und ich habe es satt."
Da war sie wieder – die alte Rede. Ich konnte sie auswendig aufsagen.
Wie er mit nichts angefangen hat. Wie er gearbeitet hat, bis seine Hände bluteten. Wie er alles von Grund auf aufgebaut hat. Dass ich keine Ahnung hatte, was Arbeit ist.
Ich gähnte und streckte meine Arme über meinen Kopf. "Papa, komm schon. Das arme Leben ist nichts für mich. Ich wurde , um reich zu sein."
Seine Nasenflügel blähten sich.
Ich grinste und genoss seine Reaktion. "Wenn damals Geld gehabt hättest, wärst du genau wie ich geworden."
Sein Kiefer krampfte sich so fest zusammen, dass ich dachte, seine Zähne würden abbrechen.
"Meinst du?" Seine Stimme war jetzt tiefer, leiser. Die gefährliche Art von Ruhe.
Ich zuckte mit den Schultern. "Ich es."
Die Luft im Raum veränderte sich. Mein Vater trat langsam einen Schritt zurück und schüttelte den Kopf, als ob er endlich eine Entscheidung getroffen hätte.
"Gut", sagte er mit gleichmäßiger Stimme. "Du willst sehen, wie Männer leben? Du wirst deine Chance bekommen."
Ich stieß ein trockenes Lachen aus. "Ach ja? Und was, willst du mir eine große, harte Lebenslektion erteilen?"
Er lächelte nicht.
"Nein", sagte er. Seine Stimme war jetzt ruhig. Zu ruhig. " wird."
In meinem Magen drehte sich etwas.
Als mein Vater aufhörte zu schreien und wurde, hätte ich wissen müssen ich in echten Schwierigkeiten steckte.
Das leise Dröhnen des Motors verschwand in der Ferne und wurde von den endlosen Bäumen verschluckt. Das Auto meines Vaters war schon verschwommen in der Staubwolke, die es aufgewirbelt hatte.
"Papa!" Ich stürmte nach vorne und der Kies knirschte unter meinen Schuhen. "Du kannst mich doch nicht einfach hier lassen!"
Eine einzelne Hand schob sich aus dem Fahrerfenster, ein träges, fast spöttisches Winken. "Folge dem Weg. Du wirst das Haus finden."
Und einfach so war er weg.
Ich stand fassungslos da und sah zu, wie sich der Staub legte. Um mich herum herrschte eine dichte und absolute Stille.
Keine Autos, keine Stimmen, nicht einmal das Brummen des Stadtlebens, an das ich gewöhnt war. Nur das Flüstern des Windes durch die hoch aufragenden Kiefern und das gelegentliche Zwitschern eines unsichtbaren Vogels.
Ich drehte mich langsam im Kreis. Bäume in jeder Richtung.
Die Straße erstreckte sich hinter mir wie eine vergessene Narbe in der Wildnis, aber vor mir – nichts. Keine Schilder, keine Häuser. Nur Erde, Felsen und Wurzeln, die sich wie Adern durch die Erde schlängeln.
Ich zückte mein Handy. Kein Empfang.
Natürlich nicht.
Ich atmete scharf aus und murmelte eine Reihe von Flüchen vor mich hin. "Fantastisch. Einfach fantastisch."
Ich begann zu laufen. Der unbefestigte Weg war uneben und schlängelte sich durch die Bäume, als hätte er kein richtiges Ziel.
Die Sonne brannte unerbittlich auf mich herab und der Schweiß kribbelte in meinem Nacken. Ich schlug auf eine Mücke ein. Dann noch eine.
Innerhalb weniger Minuten waren sie überall, schwirrten um meine Ohren, stachen in meine Arme, meinen Hals, meine Hände.
"Ernsthaft?" stöhnte ich und klatschte eine gegen mein Handgelenk.
Meine nagelneuen Turnschuhe – reinweiß, als ich heute Morgen das Haus verlassen hatte – waren bereits mit Staub bedeckt, und an ihren Sohlen sammelten sich Schlamm und kleine Kieselsteine.
Alle paar Schritte musste ich anhalten und sie ausschütteln.
Eine Stunde verging. Dann eine weitere. Mein Magen drehte sich vor Hunger, und meine Kehle fühlte sich trocken an wie Sandpapier.
Die Luft roch nach feuchter Erde und Kiefern, aber es gab nichts, was auch nur im Entferntesten an Zivilisation erinnerte.
Dann, endlich, tauchte das Haus auf.
Als hätte es auf mich gewartet, lag es zwischen den Bäumen und sah uralt aus.
Die Wände waren dunkel vom Alter und die Veranda hing in der Mitte leicht durch. Die Fenster waren klein, ihr Glas war mit Staub und Regenschlieren verschmiert.
Es war mir egal, wie es aussah. Ich stolperte vorwärts und stieß die Tür mit mehr Kraft als nötig auf. Mein Rucksack rutschte von meiner Schulter und schlug mit einem dumpfen Aufprall auf dem Boden auf.
Das erste, was ich wahrnahm, war der Geruch – warmes, reichhaltiges, echtes Essen. Mein Magen drehte sich wieder um, dieses Mal heftiger.
Auf dem Tisch standen eine Schüssel mit Suppe, frisches Brot, dicke Scheiben gebratenen Fleisches und ein Glas mit etwas, das wie selbstgemachter Saft aussah.
Der Dampf kräuselte sich in zarten Ranken und verbreitete den Duft von Knoblauch, Kräutern und etwas fast Rauchigem.
Ich habe nicht nachgedacht. Ich bewegte mich einfach.
Ich ließ mich auf den Stuhl fallen, griff nach einem Stück Brot und biss hinein wie ein ausgehungertes Tier. Die Kruste knirschte zwischen meinen Zähnen, warm und leicht zerbrechlich.
Die Suppe – dick, golden und mit Kräutern gesprenkelt – brannte auf meiner Zunge, aber das war mir egal. Ich aß schnell, schaufelte mir das Essen in den Mund und hielt kaum inne, um zu atmen.
Dann, eine Stimme.
"Du hast dir nicht einmal die Hände gewaschen."
Ich verschluckte mich und hustete, als mir ein Stück Brot im Hals stecken blieb. Ich drehte mich so schnell herum, dass die Stuhlbeine auf dem Holzboden aufschrammten.
Ein Mann stand in der Tür.
Groß. Bärtig. Sein Gesicht war von tiefen Falten gezeichnet, wie eine von der Zeit abgenutzte Baumrinde. Seine Kleidung war rau und verblichen, seine Stiefel waren mit getrocknetem Schlamm bedeckt.
Er stand da, die Arme verschränkt, und beobachtete mich mit einem Ausdruck, der zwischen Belustigung und leichter Enttäuschung schwankte.
Er sah aus, als gehöre er zu diesem Ort. Als wäre er der Berg selbst.
Ich schluckte schwer. "Äh, ich hatte Hunger."
Er trat ein, seine Stiefel drückten schwer gegen das Holz, und schüttelte den Kopf. "Und du bist auch noch unhöflich."
Ich wischte mir mit dem Handrücken über den Mund und fühlte mich plötzlich wie ein gescholtenes Kind. "Wer bist du?"
Der alte Mann ließ ein trockenes, tiefes und kiesiges Kichern hören. "Das ist eine bessere Frage, Junge."
Er ließ sich gegenüber von mir auf einen Stuhl sinken und stützte seine Unterarme auf den Tisch. "Wer bist du?"
Ich runzelte die Stirn. "Mein Vater hat mich hergeschickt. Er sagte, du würdest mir etwas beibringen."
Der alte Mann musterte mich einen langen Moment lang, dann grinste er.
"Ich weiß schon, dass das Spaß machen wird."
Am nächsten Morgen wachte ich auf und fühlte mich, als wäre ich von einem Lastwagen überfahren worden. Jeder Muskel in meinem Körper schmerzte.
Das steife Holzbett hatte mir keinen Gefallen getan, und die dünne Decke hielt die kalte Nachtluft kaum ab.
Zu Hause wäre ich in meine weiche Matratze gesunken, hätte durch mein Handy gescrollt und die Welt ignoriert. Und hier? Nicht so gut.
Ich stöhnte auf, als ich mich aufsetzte und mir den Nacken rieb. Der Geruch von Kiefern und feuchter Erde drang durch das offene Fenster. Draußen hörte ich das gleichmäßige Klopfen, Klopfen, Klopfen einer Axt, die Holz spaltete.
Ich schleppte mich aus dem Bett und stolperte zur Tür. Da war er – Jack. Der alte Mann bewegte sich mit gleichmäßigem Rhythmus, seine Arme waren trotz seines Alters stark.
Seine Axt schlug mit scharfer Präzision zu und spaltete jeden Stamm in zwei Hälften. Er schien mich kaum zu bemerken, als ich auf die Veranda trat.
"Hör zu", sagte ich und versuchte, vernünftig zu klingen. "Ich habe verstanden. Harte Arbeit ist wichtig, Geld ist nicht alles, blah blah. Sag meinem Vater einfach, dass ich mich umgezogen habe, damit ich nach Hause gehen kann."
Jack hat nicht einmal eine Pause gemacht. Er stieß nur ein raues, trockenes Lachen aus und schüttelte den Kopf.
"Netter Versuch, Junge", sagte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Ich ärgerte mich. "Okay, gut. Und wenn ich dich bezahle?" Ich griff in meine Jacke und holte ein Bündel Bargeld heraus. "Wie viel willst du?"
Jacks ganzer Gesichtsausdruck veränderte sich. Seine Augen verfinsterten sich und die leichte Belustigung verschwand aus seinem Gesicht.
Ohne ein Wort zu sagen, schnappte er sich das Geld, ging direkt zum Flussufer und warf es hinein.
Ich schnappte nach Luft. "Bist du wahnsinnig?!"
Jack drehte sich zu mir um, seine Stimme war ruhig, fast zu ruhig. "Du denkst, Geld löst alles?"
Ich ballte meine Fäuste und mein Puls pochte in meinen Ohren. "Ja, das glaube ich tatsächlich."
Jack grinste, dann trat er eine Axt gegen meine Füße. Der Stiel schlug mit einem dumpfen Aufprall auf dem Boden auf.
"Dann lass uns mal sehen, wie sehr dir dein Geld beim Holzhacken hilft."
An diesem Abend, nach einem gefühlt endlosen Tag voller Hacken, Heben und Schwitzen, schleppte ich mich ins Haus und ließ mich auf einen Stuhl fallen.
Meine Arme hingen schwer an meinen Seiten und meine Beine pochten vor Erschöpfung. Jeder Teil von mir tat weh.
Meine Hände, die früher weich und unbeschwert waren, waren jetzt rau und voller Blasen, und Schmutz hatte sich in meine Fingerfalten geschmiert.
Vor mir stand ein Teller mit Essen – Suppe, Brot, Fleisch. Der Geruch lag in der Luft, warm und reichhaltig.
Normalerweise hätte ich es ohne zu zögern verschlungen. Aber jetzt? Jetzt fühlte es sich anders an.
Ich nahm ein Stück Brot in die Hand, riss ein Stückchen ab und kaute langsam. Es war nicht nur Essen. Es war Treibstoff. Ich hatte dafür gearbeitet, dafür geschwitzt. Und zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, dass ich mir etwas verdient hatte.
Jack saß mir gegenüber, nippte an einem Becher und sah zu. Seine Augen kräuselten sich leicht vor Belustigung. "Gar nicht so schlecht, was?"
grummelte ich zwischen zwei Bissen. "Trotzdem wäre mir ein Fünf-Sterne-Restaurant lieber gewesen."
Jack gluckste und schüttelte den Kopf. "War ja klar."
Ich griff nach meinem Getränk und da fiel mein Blick auf ein verblasstes Foto in einem staubigen Regal.
Mein Kauen verlangsamte sich.
Der jüngere Mann auf dem Foto war unverkennbar. Der kräftige Kiefer, die entschlossenen Augen.
Jack. Aber neben ihm stand jemand, den ich kannte. Jemand, der viel jünger aussah, als ich ihn je gesehen hatte.
Mein Vater.
Ich schoss hoch und warf fast meinen Stuhl um. "Warte mal kurz."
Ich griff nach dem Foto und starrte es an, als würde es sich verändern, wenn ich nur genau genug hinschaute. "Du…", ich schluckte.
"Du bist mein Großvater?"
Jack nahm einen langsamen Schluck von seinem Getränk. "Das hat ja lange genug gedauert."
Meine Gedanken rasten. Das machte keinen Sinn.
Mein Vater hatte immer über seinen Vater gesprochen, wie er sein Unternehmen von Grund auf aufgebaut und ein Vermögen gemacht hatte.
"Aber… Opa hat Dads Firma gegründet. Er ist reich! Warum sollte er hier draußen wie ein Einsiedler leben?"
Jack hat nicht geblinzelt. Seine Stimme war fest und sicher. "Wer sagt denn, dass ich arm bin?"
Ich starrte ihn an. "Warum dann?"
Er lehnte sich vor und stützte seine Arme auf den Tisch. Das Kerzenlicht flackerte und warf tiefe Schatten auf sein wettergegerbtes Gesicht.
"Weil wahrer Reichtum nicht in Zahlen besteht", sagte er. "Er liegt in dem, was du mit deinen eigenen Händen aufgebaut hast."
Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich nichts zu sagen.
Am nächsten Morgen wachte ich vor der Sonne auf. Nicht, weil jemand die Vorhänge aufriss oder mich anschrie. Nicht, weil ich es musste.
Sondern weil ich es wollte.
Die Luft war frisch, es roch nach feuchtem Holz und Erde. Der Himmel war noch von der Nacht gezeichnet, am Horizont waren kaum orangefarbene Töne zu erkennen.
Mein Körper schmerzte noch vom Vortag, meine Muskeln waren steif, meine Hände rauer als je zuvor. Aber anstatt zu stöhnen und mich umzudrehen, kletterte ich aus dem Bett.
Draußen lehnte die Axt gegen den Hackklotz und wartete.
Meine Finger legten sich um den Griff und ich hob sie an, wobei ich meine Haltung so einstellte, wie Jack es mir gezeigt hatte.
Ich schlug zu.
Die Klinge traf mit einem scharfen Knacken auf das Holz und spaltete den Stamm in zwei Hälften. Ich atmete aus, mein Brustkorb hob und senkte sich in gleichmäßigem Rhythmus.
Nochmal. Ein weiterer Stamm. Ein weiterer Schlag. Wieder ein sauberer Bruch.
Zuerst habe ich das Auto nicht gehört. Das leise Brummen eines Motors, der den Feldweg hinaufschleicht.
Erst als die Reifen knirschend zum Stehen kamen, drehte ich mich um und wischte mir den Schweiß von der Stirn.
Da war er.
Mein Vater.
Er stand neben seinem Auto, die Arme verschränkt und die Augenbrauen hochgezogen. Sein Anzug sah hier fehl am Platz aus, zu steif, zu sauber. Sein Blick huschte zwischen mir und der Axt in meinen Händen hin und her.
"Nun", sagte er, und in seiner Stimme lag etwas, das ich nicht genau zuordnen konnte. "Das ist eine Überraschung."
Jack trat auf die Veranda und nickte meinem Vater zu. "Ich habe dir doch gesagt, dass es ihm gut geht."
Dad atmete durch die Nase aus und musterte mich. "Bist du bereit, nach Hause zu gehen?"
Ich schaute ihn an. Dann zu Jack.
Ich zögerte.
"Ich habe mir überlegt", sagte ich und schob die Axt an meine Seite, "vielleicht bleibe ich zum Abendessen. Du solltest das auch tun."
Dad blinzelte. Einmal. Zweimal.
"Du willst bleiben?"
Ich nickte. "Ja. Ich glaube, ich habe endlich herausgefunden, was ich verpasst habe."
Jack grinste und seine Augen fingen an zu funkeln.
Und zum ersten Mal in meinem Leben verstand ich, wie sich echter Reichtum anfühlt.
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